Stromabkommen Schweiz-EU

Status

Seit 2007 laufende Verhandlungen. EU koppelt Verhandlungsabschluss an Rahmenabkommen zur Lösung institutioneller Fragen. Auf technischer Ebene sind die Verhandlungen praktisch abgeschlossen, politisch jedoch blockiert. Das von der EU-Kommission am 30. November 2016 vorgelegte neue Energiepaket würde gegebenenfalls auch in ein Stromabkommen Eingang finden. Branchenmitglieder rechnen mittelfristig nicht mit dem Abschluss eines Abkommens.

Als Folge wird die Schweiz bei der Marktkopplung sowohl im Handel und voraussichtlich zukünftig auch im Regelenergiemarkt benachteiligt. Die Netzkodizes enthalten Standardklauseln, welche die Schweiz ganz oder teilweise ausgrenzen.

Gemäss verschiedenen Medienberichten (vor allem BaZ: hier und hier) sei das institutionelle Rahmenabkommen fast fertig verhandelt und vom Bundesrat am 17. März 2017 beraten worden. Ein Abschluss würde die Tür für verschiedenste Marktzugangsabkommen wieder öffnen, die Souveränität der Schweiz jedoch beschneiden.

Am 27. Oktober 2017 hat sich das BFE für eine Integration des schweizerischen in den europäischen Strommarkt und den Abschluss eines Stromabkommens mit der EU ausgesprochen. Dies zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit.

Am 28. September 2018 hat der Bundesrat beschlossen, die Verhandlungen über das institutionelle Abkommen mit der Europäischen Union im Rahmen des bestehenden Mandats fortzusetzen. Mit einem baldigen Abschluss der Verhandlungen ist namentlich wegen der Differenzen betreffend den schweizerischen Lohnschutz nicht zu rechnen.

Mit Einführung der flussbasierten Marktkopplung in Zentralwesteuropa (FR, BE, NE, LU, DE, AT) unter Ausschluss der Schweiz, haben die Handelskapazitäten von Deutschland nach Frankreich zugenommen. Physikalisch fliesst ein Teil des Handels als ungeplante Flüsse durch die Schweiz, was insbesondere im Winter zu Engpässen im Schweizer Netz führt. In diesem Zusammenhang hat die ElCom trotz Fehlens eines Stromabkommens einen Fortschritt erzielt. Anfang Februar 2019 haben die Regulatoren von Zentralwesteuropa einer interimistischen Lösung zugestimmt: Für den laufenden Winter kann unter gewissen Bedingungen zur Vermeidung dieser Engpässe der Handel von Zentraleuropa nach Frankreich eingeschränkt werden, was zur Sicherung der Schweizer Netzsicherheit beiträgt. Aufgrund des milden Winters musste die Massnahme bisher noch nicht ergriffen werden. Für die kommenden Winter gehen die Verhandlungen im Hinblick auf eine dauerhafte Lösung weiter.

Die UREK-S wurde vom Bundesrat am 12. Januar 2024 über den Stand der Verhandlungen informiert und führte eine Aussprache.

Die ElCom hat am 29. Februar 2024 eine Stellungnahme zum Entwurf des Verhandlungsmandats der Schweiz mit der Europäischen Union veröffentlicht.

 

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Aktuelle Entwicklungen


Inhalte

Die Schweiz verhandelt mit der EU über ein umfassendes bilaterales Abkommen im Energiebereich. Verhandlungsgegenstände sind die Anpassung des CH-Rechts an das 3. Energiebinnenmarktpaket der EU sowie die RES-Richtlinie und die Regelung des grenzüberschreitenden Stromhandels (u.a. Harmonisierung von Sicherheitsstandards und operativer Betriebsführung, freier Marktzugang, REMIT, CH-Beteiligung bei ACER, etc.). Die Schweiz könnte dadurch an der europaweiten Marktkopplung teilnehmen. "Market Coupling" heisst, Netzkapazitäten und Strom werden nicht mehr getrennt, sondern zusammen gehandelt. Damit sollen grenzüberschreitende Stromnetze effizienter genutzt werden.

Anlässlich ihrer Konsultation durch den Bundesrat am 12. Januar 2024 hat die UREK-S beantragt, dass, sollten die politischen Verhandlungen nicht zu einer Einigung führen, technische Vereinbarungen mit der EU und/oder den betroffenen Mitgliedsstaaten und Netzbetreibern anzustreben sind. Weiter soll die Swissgrid technische Vereinbarungen mit den Übertragungsnetzbetreibern anderer Staaten abschliessen, solange kein Stromabkommen mit der EU abgeschlossen ist.

In ihrer Stellungnahme vom 29. Februar 2024 begrüsst die ElCom den vom Bundesrat beschlossenen Entwurf eines Verhandlungsmandats mit der EU und insbesondere die Absicht, ein bilaterales Stromabkommen zwischen der EU und der Schweiz abzuschliessen.

Relevanz für Unternehmen der Energiewirtschaft

Von einer effizienteren Netznutzung durch Marktkopplung versprechen sich EU und CH tendenziell tiefere Grosshandelspreise. Der ENTSO-E schätzt die durch ein EU-weit implementiertes Market Coupling realisierbaren Einsparungen pro Person und Jahr auf (relativ geringe) 3-8 €. Derzeit profitieren von gesunkenen Grosshandelpreisen allerdings nur die ungebundenen Stromkonsumenten. Eine Vereinfachung der Stromimporte hätte andererseits für Energieversorger mit eigener Stromproduktion eher eine Intensivierung des Wettbewerbs zur Folge.

Ein Nichtabschluss eines Abkommens hätte kurzfristig geringfügige ökonomische Folgen. Die langfristigen Folgen hängen von der grundsätzlichen Entwicklung des Verhältnisses zwischen CH und EU ab. Nach Einschätzung von BFE Direktor Revaz droht der Schweiz ohne Abkommen mittelfristig der Ausschluss aus dem europäischen Regelenergiemarkt und aus europäischen Kapazitätsmärkten. Zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit erachtet das BFE die volle Marktöffnung und ein Stromabkommen mit der EU als zentral.

Die EU beabsichtigt bis 2025 Kurzzeit-Märkte (15-Minuten-Takt) für Elektrizität zu schaffen, die Nachfrageseite besser in den Markt einzubinden und Preisspitzen zuzulassen. Damit sollen Anreize für eine möglichst günstige, kosteneffiziente Elektrizitätsversorgung geschaffen werden. Schliesst die Schweiz mit der EU ein Stromabkommen, wird sie diese Weiterentwicklung der europäischen Strommarktregulierung ebenfalls umsetzen müssen.

Weiterführende Informationen / Publikationen

<CS/SW/29. Februar 2024>