Bewirtschaftungsverordnungen Strom

Status

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 23. November 2022 die fünf Verordnungsentwürfe für Bewirtschaftungsmassnahmen in einer Strommangellage zur Kenntnis genommen. Er schickt diese bis am 12. Dezember 2022 in eine verkürzte Vernehmlassung.

Der Bundesrat hat das Resultat des Vernehmlassungsverfahrens für die Massnahmen in einer Strommangellage an seiner Sitzung vom 3. März 2023 zur Kenntnis genommen und verschiedene Vorschläge aus dem Vernehmlassungsverfahren in die Entwürfe aufgenommen.

An seiner Sitzung vom 29. September 2023 hat der Bundesrat die Einführung einer Lösung für die verteilnetzübergreifende Bewirtschaftung von Kontingenten ab Winter 2023/2024 verabschiedet. Zudem hat er die Vernehmlassung eröffnet für einen Verordnungsentwurf der öV-Branche, welcher regelt, wie der öV im Falle einer Strommangellage seine Leistungen Schritt für Schritt reduzieren würde und dabei seinen Grundauftrag zumindest teilweise erfüllen könnte.

Die Telekommunikationsbranche hat Vorschläge zur Senkung des Stromverbrauchs in einer Strommangellage ausgearbeitet. Der Bundesrat hat den diesbezüglichen Verordnungsentwurf am 21. Februar 2024 in die Vernehmlassung geschickt. Die Vernehmlassung dauert bis zum 21. Mai 2024

 

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Inhalte

Zur Reduktion des Stromverbrauchs in Mangellagen stehen nachfrageseitige Bewirtschaftungsmassnahmen zur Verfügung. Im Falle einer unmittelbar drohenden Mangellage richtet der Bund zuerst dringliche Sparappelle an alle Stromverbraucher. Parallel dazu kann der Bundesrat bereits erste Verwendungsbeschränkungen und Verbote erlassen (vgl. Verordnungsentwurf). Sie erfolgen in Eskalationsschritten, angefangen bei Komforteinschränkungen wie dem Verbot von Objektbeleuchtungen bis hin zu einschneidenden Massnahmen wie Betriebsschliessungen.

Als weitergehende Massnahmenstufe können Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mindestens 100 MWh kontingentiert werden (vgl. Verordnungsentwürfe Kontingentierung und Sofortkontingentierung). Dies betrifft über 34'000 Grossverbraucher, die knapp die Hälfte des Stromverbrauchs der Schweiz ausmachen. Die Fokussierung auf diese Verbrauchergruppe hat neben dem grossen Einsparpotenzial den Vorteil, dass die Massnahme verbindlich umgesetzt werden kann und deren Wirkung schnell messbar ist. Die Kontingentierung ist auf einen Tag oder einen Monat angelegt. Bei der Monatskontingentierung können Grossverbraucher das Kontingent nach ihren Bedürfnissen auf den Monat verteilt einsetzen. Die Wirtschaft und insbesondere die Betreiber von Infrastrukturen für die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sind auf einen flexiblen Umgang mit Kontingenten angewiesen. Deshalb will der Bundesrat ab Winter 2023/2024 eine Lösung für die verteilnetzübergreifende Bewirtschaftung von Kontingenten einführen, dies sowohl für die Kontingentierung als auch für die Sofort­kontingentierung. Multi-Site-Verbraucher können die ihnen zugeteilten Kontingente eigenverantwortlich summieren und verteilnetzübergreifend verwenden. Dafür müssen sie sich vorgängig registrieren. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) wird beauftragt, dazu eine Plattform zur Verfügung zu stellen. Zudem wird für den Fall der regulären Kontingentierung (auf Monatsbasis) für sämtliche Grossverbraucher der Handel mit Kontingenten ermöglicht. Als Referenzperiode für die Kontingentierung gilt im kommenden Winter grundsätzlich der Vorjahresmonat.

Für einzelne grundversorgungsrelevante Dienstleistungen sind im Zusammenhang mit der Kontingentierung ausserdem spezifische Branchenlösungen angedacht, um die Versorgung sicher­zustellen und gleichzeitig den Stromverbrauch der entsprechenden Branche zu reduzieren. Für den öffentlichen Verkehr (öV) und den Güterverkehr auf der Schiene eröffnet der Bundesrat die Vernehmlassung für einen Verordnungsentwurf, welcher geregelt, wie der öV im Falle einer Strommangellage seine Leistungen Schritt für Schritt reduzieren würde und dabei seinen Grundauftrag zumindest teilweise erfüllen könnte. Vorgesehene Massnahmen wären insbesondere: generell die Ausdünnung des Verkehrs, im Eisenbahn­verkehr das Streichen des Zusatzangebots während der Hauptverkehrszeit und kürzere Zugskompositionen oder auf der Strasse der Ersatz von Elektrobussen mit Dieselbussen. Der Güterverkehr würde im schlimmsten Fall auf lebenswichtige Waren wie medizinische Güter, Versorgungsmaterial der Armee oder Lebensmittel eingeschränkt werden.

Weitere Branchenlösungen für die Telekommunikationsbranche und die Abwasser­reinigungsanlagen befinden sich in Ausarbeitung.

Als letztmögliche Bewirtschaftungsmassnahme sind Netzabschaltungen vorgesehen (vgl. Verordnungsentwurf). Sie sollen einen umfassenden Netzzusammenbruch und somit einen Blackout verhindern. Zu diesem Zweck werden im Stromnetz einzelne Teilnetzgebiete abwechselnd abgeschaltet. Verbrauchergruppen mit lebenswichtigen Dienstleistungen wie zum Beispiel die Energie- und Wasserversorgung, Blaulichtorganisationen oder die medizinische Grundversorgung können von Netzabschaltungen ausgenommen werden, sofern dies technisch möglich ist, was aber nur vereinzelt der Fall sein dürfte. Die Folgen für Wirtschaft und Bevölkerung wären gravierend, mit folgenschweren Einschränkungen. Deshalb soll alles unternommen werden, um Netzabschaltungen zu verhindern.

Einige Kritikpunkte und Anpassungsvorschläge aus der Vernehmlassung wurden bei der Überarbeitung der Verordnungsentwürfe aufgenommen, so etwa:

  • Die Temperaturvorschriften für Wohn- und Büroräume wurden vereinfacht und jenen im Gasbereich angeglichen. Im jetzigen Entwurf ist eine Temperatur von 20° Celsius vorgesehen.

  • Beim Strassenverkehr wird auf eine Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 100 km/h vorderhand verzichtet. Auch auf eine gezielte Einschränkung der Elektromobilität wird ebenfalls vorerst verzichtet.

  • Anpassungen in den Eskalationsschritten: Neu findet sich im letzten Eskalationsschritt der Verbote auch der gewerbliche Betrieb von Wellness-Anlagen. Auf ein Verbot des Hochfrequenzhandels bei Börsengeschäften wird verzichtet.

  • Alle Branchen müssen Sparbeitrag leisten: In der Überarbeitung der Bewirtschaftungsmassnahmen werden weiterhin spezifische Bewirtschaftungskonzepte für die Grundversorgung geprüft. Weiter gilt es bei einer Strommangellage, Netzabschaltungen oder sogar einen flächendeckenden Netzzusammenbruch zu verhindern: Dazu braucht es den Beitrag aller Grossverbraucher (ab 100 MWh Jahresverbrauch). Um den Unternehmen einen möglichst flexiblen Umgang mit den Kontingenten zu ermöglichen, sind für den nächsten Winter verschiedene Massnahmen (u.a. eine enge Zusammenarbeit, Lösung für Multi-Site-Verbraucher, Einsetzen von Notstromgruppen ohne zeitliche Beschränkung) geplant.

Die nun veröffentlichten Massnahmen werden weiterentwickelt. Sie werden zum Zeitpunkt einer Mangellage der Situation angepasst und vom Bundesrat in Form von Verordnungen in Kraft gesetzt.

Der Verordnungsentwurf der Telekommunikationsbranche vom 21. Februar 2024 enthält drei Stufen und sieht bei Kontingentierungen Einschränkungen des Stromverbrauchs im Mobilfunk vor. In der ersten Phase sollen die hohen Mobilfunk-Frequenzbänder abgeschaltet und grosse Datenmengen nur noch verzögert übertragen werden. Der zweite Schritt betrifft die mittleren Mobilfunk-Frequenzbänder. In der dritten Stufe sollen schliesslich 10 % der Makro-Antennenstandorte abgeschaltet werden.

Relevanz für Unternehmen der Energiewirtschaft

Die OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen) untersteht der wirtschaftlichen Landesversorgung WL und wird auf deren Anweisung aktiv, wenn eine Strommangellage eintritt. Gebildet wurde OSTRAL vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Die Organisation besteht aus rund 600 Verteilnetzbetreibern (VNB) und weiteren Akteuren der Elektrizitätswirtschaft. Die OSTRAL ist bei den WL-Massnahmen Verwendungsbeschränkungen und Verbote, Kontingentierung und Netzabschaltungen für den Vollzug zuständig.

Weiterführende Informationen / Publikationen

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<SW/CS 29. Februar 2024>